Mein letzter Trost ist weg. Erst dachte ich, er sei nur verreist. Das hat er manchmal getan in den letzten beiden Jahren, die uns so verstört und gefangen gehalten haben, besonders mich, der ich keinen Garten und keinen Balkon, nicht einmal ein richtiges Fenster habe und auf 43 Quadratmetern hause, im siebten Stock unter einem schlecht gedämmten Dach, winterkalt und sommerheiß. Nur wenige erträgliche Wochen, Phasen von Freiheit, in denen ich raus konnte, doch viel zu selten tatsächlich ging, weil das Risiko dort lauerte, die Angst in mir, und ich nur noch nach einem Trost lechzte: la Bionda. Weiterlesen
Einsamkeit
Hand in Hand
Jeden Stein, jede Pfütze, die der Regen in diesen Tagen immer wieder füllt, kennt er. Warum nur geht er trotzdem diesen Weg? Erst runter, recht steil sogar, dann oberhalb des Dorfes im Tal an den wenigen tristen Häusern in Hanglage vorbei, aus denen kein Leben dringt, kein Geräusch, einer Totensiedlung gleich, und wieder hoch über eine Kurve, den ganzen Weinberg in Serpentinen bis zu seinem Ziel ganz oben, das auch der Anfang ist. 4,6 Kilometer Bewegung und Draußensein, mehr aber auch nicht. Jeden Tag schließt sich der Kreis in seiner piekfeinen Siedlung, seinem abgehalfterten Haus, dem Schandfleck der Nachbarschaft. Nur heute ist etwas anders. Das ahnt er aber noch nicht.
Wie im Spiegel
Was werden wir noch sehen
Wenn wir unsere beiden Leben
Aneinander halten
Anders als unsere Körper
Die sich nicht berühren dürfen
Voreinander schützen
Uns nur von Ferne sehen
Den anderen wie mich selbst
In einem Spiegel
Das blaue Haus
Er weiß nicht mehr, wie er hierher gekommen ist. Auch nicht, woher. Und wer er ist. Vieles an dieser merkwürdigen Geschichte erscheint fantastisch. Aber ist sie deswegen weniger wahr als das, was die Menschen in ihrem Leben und in dieser Welt dafür halten? Weiterlesen
Was bleibt
Was bleibt ist immer noch viel
Ich esse, trinke, schlafe
Trinke, esse, schlafe
Schlafe trinke esse
Sehe die Welt
Meine
Kleine
Die große
Nur per Bild
In Erinnerungen
Ich denke also bin ich
Was bleibt ist immer noch viel
Am Ziel
Ein letztes Aufbäumen tief in seinem Inneren, ein letzter Funke von Widerwillen, dann ist alles gut. Jetzt wird Frieden sein. Eine gnädige Schläfrigkeit übermannt ihn, lässt ihn endgültig vergessen, dass er unter Drogen steht. Sie stellen seinen Körper ruhig, seit Tagen schon. Oder sind es Wochen? Er hat kein Empfinden mehr für Zeit oder für den Ort, an dem er ist, noch erinnert er sich daran, wie er hierher gekommen ist. Wenn er überhaupt noch einmal erwachte, würde er vielleicht nicht mehr wissen, wer er ist. Weiterlesen
Nur der Mai
Ich muss raus. Raus aus dem Mief. Dem Netz. Aus meinem Netz von klebrigen Gedanken. Raus. An die frische Luft. Auslüften. Dann fahre ich doch ein Stück mit dem Auto, weiter weg von Zuhause. Das Draußen vor der Haustür gehört inzwischen fast zum erweiterten Drinnen.
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Tannen-Hütte
Eine Art Idylle (II)
Meine Tannen-Hütte steht, wie kann es anders sein, an einer Lichtung, zu drei Seiten hin und am Ende der sanft abfallenden Lichtung umsäumt von hohen Tannen, die dahinter einen dichten, dunklen Wald bilden. Die Hütte ist aus eben diesen Nadelhölzern gebaut, nur der große Kamin mitten in dem einen Wohnraum besteht aus gemauerten Natursteinen. Im Winter, Weiterlesen
Ein heiliger Abend
Wiederentdeckte Weihnachtsgeschichte aus dem Jahr 2000
„Heilig Abend – erheiternd und labend. Noch eins, Herr Wirt!“ Das zynische Lächeln gefror dem Gast am Tresen im Gesicht. Noch immer waren seine Hände taub vor Kälte, eine eisige Böe drückte gegen die Fenster der kleinen Kneipe. Jeder Schluck spülte ihn weiter fort von diesem unglückseligen Abend, der doch so schön begonnen hatte. Weiterlesen
Schattendasein
Eine imaginäre Idylle
Dieser Wurzelzwerg da, in der Bahnhofshalle. Der mit den quer über die Glatze gekämmten grauen Haaren, dem Frettchengesicht und dem Buckel. Der, tief in seinem viel zu großen Mantel versunken, schattengleich schon wieder aus meinem Blickfeld verschwindet. Ich hab ihn gesehen, kurz nur, aber doch. Mehr noch: Er bleibt mir im Kopf. Dachte wohl, er entwischt mir. Jetzt ist er dran. Pech gehabt, jetzt wird er erzählt. Es geht los: Weiterlesen
Das Leben endet beim Discounter
Bleiche Gestalten im Novembergrau
Freudlose Gesichter im Neonlicht
Der fahle Morgen gehört ihnen
Den Nutzlosen und Aussortierten
Manche wollen nur etwas Wärme
Andere kaufen gerade das Nötigste
Was sie zum Leben noch brauchen
Das so trostlos wie die Ladenregale
So unüberlebenswichtig
So sterbenslangweilig ist
Deadline
Das hatte doch alles keinen Sinn. Trotzig wie ein Kind blieb er stehen und stampfte mit dem rechten Fuß auf. Er war verzweifelt. Egal in welche Richtung er ging: der Weg endete früher oder später im Nichts. Oder vielmehr im Dickicht eines dunklen Waldes. Nirgendwo war auch nur der Ansatz eines Lichts zu erkennen. Überall nur tiefe, schwarze Nacht. Wurde es noch mal irgendwann hell?
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