Fünf Tage schon. Jeden Tag zur selben Zeit. Pünktlich. Das war nicht leicht, denn er kann nicht einfach Feierabend machen, wann es ihm passt. Zweimal hat seine Abteilung spontan späte Meetings angesetzt. Er hat sich entschuldigen lassen. Das macht einen schlechten Eindruck. Aber er musste einfach die Straßenbahn um 17:02 Uhr erreichen. Ankunft Charlottenplatz um 17.25 Uhr. Dort wird die Frau einsteigen. Heute wird sie es schaffen und er wird sie endlich wiedersehen. Richtig sehen. Es kann gar nicht anders sein. Weiterlesen
Begegnung
Das blaue Haus
Er weiß nicht mehr, wie er hierher gekommen ist. Auch nicht, woher. Und wer er ist. Vieles an dieser merkwürdigen Geschichte erscheint fantastisch. Aber ist sie deswegen weniger wahr als das, was die Menschen in ihrem Leben und in dieser Welt dafür halten? Weiterlesen
Traumgesichte (V): Atemwolken
Sie verteilen Pizzaschachteln, tauschen sie ein paarmal hin und her. Ich kriege keine. Ich weiß ja, dass mir Weißmehl nicht gut tut, aber wenigestens fragen hätten sie mich können. Wann haben sie sich abgesprochen? Das sollen Freunde sein? Sind das überhaupt meine Freunde? Ich erkenne ihre Gesichter nicht. Weiterlesen
Am Ziel
Ein letztes Aufbäumen tief in seinem Inneren, ein letzter Funke von Widerwillen, dann ist alles gut. Jetzt wird Frieden sein. Eine gnädige Schläfrigkeit übermannt ihn, lässt ihn endgültig vergessen, dass er unter Drogen steht. Sie stellen seinen Körper ruhig, seit Tagen schon. Oder sind es Wochen? Er hat kein Empfinden mehr für Zeit oder für den Ort, an dem er ist, noch erinnert er sich daran, wie er hierher gekommen ist. Wenn er überhaupt noch einmal erwachte, würde er vielleicht nicht mehr wissen, wer er ist. Weiterlesen
Die Frau im Astloch
Er kriegte sie nicht mehr aus dem Kopf. Ihr Anblick hatte sich ihm eingebrannt. Warum war er nicht stehengeblieben? Wenigstens umkehren hätte er doch können, dachte er verärgert. Jetzt war es zu spät; sie würde längst nicht mehr da sein. Er hatte schon das Tal erreicht.
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Nostalgia
Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich hatte mir dieses kleine Café im hintersten Winkel einer etwas entlegenen Gasse Barcelonas ausgesucht, um ungestört meine Eindrücke dieser großartigen Stadt und die Umstände meiner Flucht zu verarbeiten. Nicht im Traum hätte ich für möglich gehalten, ausgerechnet hier noch einmal meiner ersten Liebe zu begegnen. Dabei erschien sie mir gar nicht persönlich. Aber der Reihe nach. Weiterlesen
Warum
Wir hielten uns auf unserer Insel
Alltag toste um unsere Gestade
Riss und zerrte am Augenblick
Und die Ahnung des Möglichen
Meuchelten die Unmöglichkeiten
( Nein, ein Akrostichon ist kein Krustentiergericht 😉 )
Ins Leben
In jenem Moment als ich zurück zur Erde fiel
Reichte das Schicksal mir ein neues Spiel
Ich wähnte mich erst in vertrauten Bahnen
Schon bald aber konnte ich Großes erahnen
Rüde hat der Sturz meine Seele verrückt
Und der Aufprall mein Herz beinahe zerdrückt
Haltlos zog ich wieder durch Partydickicht
Erfasste noch gerade dein schönes Gesicht
So folgte ich dir und verlor dich schon bald
Aber nicht lang es erwischte mich kalt
Nah warst du plötzlich das ließ mich erbeben
Fast hilflos stand ich vor dir ganz ungestalt
Tja – da lachtest du und zogst mich ins Leben
In memoriam, 1985 – 1990
Vielleicht
Vielleicht weißt
Du ja
Ja du
Dass ich
Als du
Mir dein
Lächeln gabst
Dein war
Hey du (an der Haltestelle)
>> Hey du, schau nicht weg! Lass dich anlächeln. Ja, du! <<
>> Meint sie mich? Sicher nicht… Oder doch? Doch, sie lächelt mich an! <<
>> Jetzt fährt die Bahn weiter. Ciao, du Augenblicksmensch! Das Lächeln war für dich… <<
>> Schade, sie meinte wirklich mich. Danke, hat gutgetan. Hätte es dir gern gesagt. Mit meinem Lächeln… <<
In my life
„All these places have their moments
With lovers and friends
I still can recall
Some are dead and some are living
In my life
I’ve loved them all“
(Lennon/McCartney, 1965)
An jenem Tisch dort saßen wir
Hielten für einen Glücksmoment
Den Zauber des Augenblicks
Fest
Als gerade dort an diesem Platz
Sich dein Blick in meinen senkte
Ich ohne Halt in deine Augen
Fiel
Auch wenn dieser Tisch noch steht
Lebt von unserem Augenblick
Kaum mehr als ein Lidschlag
Fort
Voll das Herz
Es sind nicht direkt ungebetene Gäste dadrinnen. Aber manche haben sich doch regelrecht eingeschlichen. Man kann ihnen gar nicht böse sein, im Gegenteil, sie haben es weder an Liebenswürdigkeit noch an Entgegenkommen fehlen lassen. Dennoch: Der Portier macht einfach einen verdammt schlechten Job, er weiß schon lange, dass nichts mehr frei ist, selbst die Besenkammer ist doch schon belegt. Weiterlesen