Laken

Weiße Laken wehen im Wind
Wolkenfahnen, Himmelsblau
Das Fenster hat drei Ecken
Das Dach ist spitz vom Hospiz

Sein Laken bauscht sich nicht
Noch liegt er schwer darauf
Doch als die Nacht sich senkt
Weht sein Laken mit ihm fort

©Martin Bensen

Montpellier

(Ein Kapitel aus meinem neuen Romanprojekt,
das in den Achtzigern spielt)

»Warum hast du denn nicht angerufen, du Heiopei?« Rike trägt ihr Herz auf der Zunge wie viele aus dem Ruhrpott. Heiopei (ungefähr: Dummkopf oder Trottel) ist ein typischer Ausdruck von da. Rike benutzt ihn oft und gerne, und Tom hat gleich heimatliche Gefühle. Sie will ihn gar nicht loslassen, ihr Kopf liegt an seiner Brust, sein Rucksack zu seinen Füßen.
Sie stehen unter der hellen, nackten Glühbirne in der Wohnküche ihrer WG, halten sich in den Armen, als ob es nie eine »Sendepause« zwischen ihnen gegeben hätte und ein bisschen auch, um ihre Verlegenheit zu überspielen. Er hat sie vermisst, ihr spitzbübisches Lächeln, ihren frechen Blick, ihre offenherzige Art, die ihm bei ihrer ersten Begegnung gleich aufgefallen sind. Das war im Oktober 1982. 

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