Schattendasein

Eine imaginäre Idylle

Dieser Wurzelzwerg da, in der Bahnhofshalle. Der mit den quer über die Glatze gekämmten grauen Haaren, dem Frettchengesicht und dem Buckel. Der, tief in seinem viel zu großen Mantel versunken, schattengleich schon wieder aus meinem Blickfeld verschwindet. Ich hab ihn gesehen, kurz nur, aber doch. Mehr noch: Er bleibt mir im Kopf. Dachte wohl, er entwischt mir. Jetzt ist er dran. Pech gehabt, jetzt wird er erzählt. Es geht los:  Weiterlesen

Requiem „Im Dorfe“

Zusammengesunken sitzen sie
Und bestatten wieder einen
Aus ihren Reihen

Zwei Kirchenbänke reichen aus
Es sind nicht mehr so viele
Zum Trauern da

In der Luft ein Hauch von Leben
Im Stoff der Nachklang süßen Dufts
Aus besseren Zeiten

Aus dem Holz der alten Bänke
Weicht Muff von schwerem Balsam
Wie manche Flatulenz

Zum Himmel stinken tiefe Seufzer
Von halb verwestem Bratenfleisch
In fauligen Gebissen

Asche zu Asche Staub zu Staub
Sehet nur ihr alle seid des Todes
Wie der im Sarg

Blutleer aber voll von Ehrfurcht
Stehen sie schwankend vor dem Grab
Dem schwarzen Loch des Lebens

©Martin Bensen

Das Leben endet beim Discounter

Bleiche Gestalten im Novembergrau
Freudlose Gesichter im Neonlicht
Der fahle Morgen gehört ihnen
Den Nutzlosen und Aussortierten
Manche wollen nur etwas Wärme
Andere kaufen gerade das Nötigste
Was sie zum Leben noch brauchen
Das so trostlos wie die Ladenregale
So unüberlebenswichtig
So sterbenslangweilig ist

©Martin Bensen