Die über allem thronen (Gastein)

Reisesplitter IV

Über allem thronen die, denen es an nichts mangelt, nicht ganz auf dem Gipfel, dem nur kargen und schroffen, zu weit droben, den man gut im Rücken wissen kann, weil sie doch so hoch thronen, dass sie über die Baumwipfel hinweg ins Tal blicken können, auf die Spielzeughäuser, die Matchboxautos in einem schrägen Spinnennetz von Straßen, mittendrin eine kleine gelbe Kirche mit spitzem Turm, der sich hoch gen Himmel reckt und doch längst nicht die überragt, die über allem thronen, denen es an nichts mangelt, die auch eine Krise überstehen, was nicht ausgemacht ist für die da unten,
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Wunderwasser

Ein Märchen

Einmal in der Woche, immer sonnabends zogen die älteren Männer des Dorfes in aller Frühe hinauf auf ihren Hausberg. Sie taten dies bei jedem Wetter und selbst im tiefsten Winter. Dann war der Weg so beschwerlich, dass sie der Aufstieg gut und gerne einen halben Tag kostete. Nur einmal in der Geschichte des Dorfes blieb den Männern der Aufstieg drei Wochen lang verwehrt, zu widrig waren die Umstände, zu groß die Lawinengefahr, sodass sie um Leib und Leben fürchten mussten. In jenen Tagen strickten die Frauen ihnen Mützen aus Schafwolle, die zwar wärmten, aber doch auch gehörig kratzten, sodass die Männer den Abend herbeisehnten, an dem sie die wollenen gegen ihre leichten Nachtmützen aus lindernden Leinen tauschen konnten. In jenen drei Wochen trugen alle älteren Männer jenes Dorfes Tag und Nacht Mützen. Aber nicht wegen der Kälte allein taten sie das, denn ihre Häuser waren warm und draußen war zu dieser Jahreszeit ohnehin nichts zu tun. An Holz zum Heizen herrschte auch kein Mangel. Es gab einen anderen Grund für das Behüten ihrer Köpfe. Weiterlesen

Tannen-Hütte

Eine Art Idylle (II)

Meine Tannen-Hütte steht, wie kann es anders sein, an einer Lichtung, zu drei Seiten hin und am Ende der sanft abfallenden Lichtung umsäumt von hohen Tannen, die dahinter einen dichten, dunklen Wald bilden. Die Hütte ist aus eben diesen Nadelhölzern gebaut, nur der große Kamin mitten in dem einen Wohnraum besteht aus gemauerten Natursteinen. Im Winter, Weiterlesen

Verbrannt

„Ich lüge dich nicht an! Wie kommst du überhaupt darauf?“ Er hat das Messer, mit dem er eben noch den edlen Fisch für den Heiligen Abend filetiert hat, in die Spüle geworfen und schaut sie aufgebracht an. Sie hätten nicht schon so viel Wein trinken dürfen. Ein Schlückchen zum Kochen, dazu besinnliche Musik und im Kamin ein prasselndes Feuer – der Abend in ihrer einsamen Hütte hätte eigentlich nicht besser beginnen können. Weiterlesen